Talk mit Hannes Jaenicke: „Wie beenden wir die Plastikkrise?
„Wann fängt Deutschland an, tatsächlich zu recyceln?“ fragten sich Reinhard Schneider, Inhaber von Werner & Mertz, Herwart Wilms, Geschäftsführer bei Remondis, und Umweltschützer Hannes Jaenicke bei unserer Podiumsdiskussion. Und nannten im Talk praxistaugliche Lösungen für die Plastikkrise. Moderiert hat Timothy Glaz.
Alle Teilnehmer waren sich darin einig, dass sich etwas ändern muss: „Ich bin erstaunt, dass wir mit einem Rohstoff, der natürlich im Kreislauf bewirtschaftet werden sollte, immer noch so umgehen, dass jedes Jahr Millionen Tonnen in den Meeren landen“, sagte Hannes Jaenicke. „Irgendwas scheint da überhaupt nicht zu funktionieren.“
Eingeladen hatten wir zum Gespräch auf der IFAT 2022, der Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft. Der richtige Ort um die drängenden Probleme anzusprechen, die durch einen falschen Umgang mit Kunststoff entstanden sind.

Die Lösung heißt hochwertiges Recycling
Klar ist: Es wird zu wenig recycelt. Aktuell setzt man noch zu oft auf neue Rohstoffe statt schon vorhandene Produkte hochwertig zu recyceln und das gewonnen Material wiederzuverwenden. Herwart Wilms nannte Beispiele für Probleme, die dadurch entstehen: Der CO2-Fußabdruck ist bei der Nutzung der Primärrohstoffe viel höher. Außerdem gehen 90 Prozent des Verlustes der Biodiversität auf das Konto der Primärrohstoffförderung. „Recycling ist in allen Formen besser als Primärrohstoffwirtschaft“, bekräftigte Wilms.
Auch aufgrund der politischen Lage sei es aktuell relevanter denn je, den Schritt der Kreislaufwirtschaft zu vollziehen, betonte Reinhard Schneider. „Plastik ist von der Massenbilanz her ein relativ großer Hebel in Richtung Klimaschutz und Unabhängigkeit von Rohstofflieferanten.“
So erreichen wir eine Kreislaufwirtschaft
Um eine echte Kreislaufwirtschaft zu etablieren sind drei Punkte bedeutsam, machten die Teilnehmer deutlich: 1. eine effektive Kreislaufführung von Kunststoff. 2. Verpackungen, die so gestaltet sind, dass sie hochwertig recycelt werden können. Und 3. eine Politik, die die passenden politischen Anreize setzt.
Herwart Wilms führte aus: „Wir brauchen dieses Verständnis des Zusammenhanges zwischen: wie mache ich ein Produkt, wie kann ich bei dem Produkt möglichst viele Rezyklate einsetzen, wie kann ich das Produkt so bauen, dass es nachher in den Kreislauf zurückgeht? Dann reden wir wirklich über Kreislaufwirtschaft.“ Er ergänzte: „Da ist aber leider Werner & Mertz die Ausnahme.“
Plastiksteuer auf Neuware
Reinhard Schneider warb für die Einführung einer Plastiksteuer auf Neuware. Also eine Steuer, die von Unternehmen zu zahlen sei, die keine Rezyklate in ihren Materialien verwenden beziehungsweise Verpackungen in Verkehr bringen, die nicht recyclingfähig sind. „Dann könnte man schon mit moderaten Beträgen eine Lenkungswirkung erreichen“, führte Reinhard Schneider aus.
Das Problem Greenwashing anpacken
Aktuell können Verbraucher oft nicht erkennen, welche Produkte wirklich recyclingfähig sind. Er habe das Gefühl, dass aktuell mehr Geld in Marketingkampagnen gesteckt werden als in echten Umweltschutz, sagte Hannes Jaenicke. „Es ist ganz schwierig geworden für mich als kleiner Endverbraucher zu unterscheiden, wer meint es ernst und wer lügt? Greenwashing ist ein ganz großes Problem!“
Hier sei ein Label sinnvoll, erklärte Herwart Wilms, anhand dem man erkennen kann, ob das Produkt mit Rezyklaten hergestellt und recyclingfähig sei. Eines mit klaren Kriterien und das von einer Behörde überwacht werde.
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